Das volle Zitat - Kapitel: Metaphysik der Macht

„Auf die Frage, ob die Philosophie etwas darüber zu sagen habe, warum der Mansch dazu neige, Macht auszuüben, antwortet Foucault, je freier die Menschen in ihrer Beziehung zueinander seien, desto größer sei ihre Lust, das Verhalten der Anderen zu bestimmen. Die Lust sei um so größer, je offener das Spiel, ja vielfältiger die Spielarten seien, in denen man das Verhalten der Anderen lenke. In den Gesellschaften dagegen, in denen die Möglichkeit des Spiels kaum vorhanden sei, verringere sich auch die Lust an der Macht.
Macht setzt gewiß Handlungs-Spielräume voraus. Ohne diese gäbe es nur Gewalt und Zwang. Der gleichsam hedonistische Machtbegriff des späten Foucault verlagert aber die Macht zu sehr ins Spielerische: »Die Macht ist nicht das Böse. Macht heißt: strategische Spiele. Man weiß sehr wohl, daß die Macht nicht das Böse ist. Nehmen Sie zum Beispiel sexuelle oder Liebesbeziehungen: In einer Art offenen strategischen Spiels, worin sich die Dinge umkehren können, über den anderen Macht auszuüben, ist nichts Schlechtes, das ist Teil der Liebe, der Leidenschaft der sexuellen« (...)
Die Macht mag zum Spiel zu gehören. Sie mag auch mit Spielelementen ausgestattet sein. Sie beruht aber nicht auf dem Spiel. Das Spiel läßt sich sogar als Gegenfigur der Macht einsetzen. Alles andere als spielerisch ist jenes Begehren nach Mehr, das Heidegger zufolge charakteristisch ist für die Macht: »Macht selbst ist nur, sofern sie und solange sie ein Mehr-Macht-sein-wollen bleibt. Sobald dieser Wille aussetzt, ist Macht schon nicht mehr Macht, wenngleich sie das Beherrschte noch in der Gewalt hat«“ (...). Leben ist nicht Selbsterhaltung, sondern Selbstbehauptung: »Das Leben hat nicht nur, wie Darwin meint, den Drang zur Selbsterhaltung sondern ist Selbstbehauptung. Das Erhaltenwollen haftet nur an schon Vorhandenem, versteift sich darauf und verliert sich in ihm und wird so blind gegen das eigenen Wesen.« Heidegger kommt immer wieder auf das Wort Nietzsches zurück: »– was der Mensch will, was jeder kleinste Teil eines lebenden Organismus will, das ist ein Plus von Macht.« Über-sich-hinaus-gehen ist der Grundzug der Macht.“ (Han S. 65 ff)